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Hadi Teherani

„Eine Stadt lebt von Veränderung“

Von Julia Witte genannt Vedder, Bertold Fabricius
Veröffentlicht am 03.02.2024Lesedauer: 6 Minuten
Hadi Teherani, Architekt und Designer In seinem Büro im Lofthaus am Elbberg Hamburg
Hadi Teherani, Architekt und Designer in seinem Büro im Lofthaus am Elbberg HamburgQuelle: Bertold Fabricius

Star-Architekt Hadi Teherani ist gerade 70 Jahre alt geworden. Doch zur Ruhe setzen will er sich nicht. Zu ikonischen Bauwerken, wie dem Elbtower und zu Wegen aus der aktuellen Baukrise, hat er eine klare Meinung, wie er im Interview deutlich macht.

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Der Blick aus dem Büro von Hadi Teherani ist einer, für den Touristen extra nach Hamburg reisen. Das Dockland, auf das der 70-Jährige von seinem Schreibtisch aus sehen kann, ist eines der beliebtesten Fotomotive im Hafen. Auch Teherani selbst mag das von ihm gebaute Gebäude noch immer – wie eigentlich jeden seiner Bauten. Und, so verrät er im Interview mit WELT AM SONNTAG, es sollen noch viele hinzukommen. Die Baukrise, so glaubt er, werde die Branche nur kurzzeitig ausbremsen.

WELT AM SONNTAG: Sie haben gerade Ihre Biografie vorgestellt. Heißt das, Ihre Geschichte ist zu Ende erzählt?

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Hadi Teherani: Nein, mitnichten. Ich will weitermachen und habe noch viel vor. Aber auf der anderen Seite sind 70 Jahre nicht gerade wenig Zeit und man weiß nie, was morgen sein wird. So haben wir mit der Biografie schon mal einen Zwischenstand.

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WELT AM SONNTAG: Sie sagen, Sie haben noch viel vor: An welchem Ort auf der Welt würden Sie gerne eines Ihrer Gebäude bauen?

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Teherani: Da gibt es unzählige Stellen. Es erfüllt mich mit Freude, wenn ich an einen Ort in der Welt reise und dort Teile meiner Architektur sehe. Mittlerweile werden es immer mehr, ob ich nach Mumbai, Dubai, Teheran oder Moskau fahre, überall haben wir schon Projekte realisiert. Das kann auch so weitergehen. Ich komme gerade zum Beispiel aus China zurück, wo wir derzeit ebenfalls Baustellen haben.

Hadi Teherani, Architekt und Designer In seinem Büro im Lofthaus am Elbberg Hamburg
Hadi Teherani ist gerade 70 Jahre alt gewordenQuelle: Bertold Fabricius


WELT AM SONNTAG: Spannend. Wie viele Ihrer Aufträge kamen zuletzt aus dem Ausland?

Teherani: Im vergangenen Jahr haben wir etwa 60 Prozent in Deutschland gemacht, zehn Prozent in anderen Teilen der Welt und circa 30 Prozent in China. Aber auch dort befindet sich die Wirtschaft in einer Krise. So befassen wir uns auch wieder stärker mit zum Beispiel Dubai und Abu Dhabi, denn da boomt der Markt. Wir können nicht allein vom deutschen Markt abhängig sein.

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WELT AM SONNTAG: Sie sagen es: Die Baubranche steckt in einer Krise. Besorgt Sie das?

Teherani: Man muss immer positiv in die Zukunft blicken. Wir halten uns mit der Hoffnung oben, dass die jetzige Phase nur eine kurze sein wird, und dass es im nächsten Jahr schon wieder besser aussehen kann. Wenn die Zinsen sinken und wenn die Baupreise realistischer werden, sind auch Investoren wieder motiviert, neue Projekte anzufangen.

WELT AM SONNTAG: Bei einem Gespräch über Architektur und Bauen kommt man an einem Gebäude nicht vorbei: dem Elbtower. Ein Vorschlag ist, den Turm bei seiner jetzigen Höhe zu belassen. Was sagt Ihr Architektenherz dazu?

Teherani: Eine Stadt lebt von der Veränderung – auch ihrer Silhouette. Für mich ist klar, dass der Elbtower zu Ende gebaut werden muss. Sonst wäre es so, als wenn die Elbphilharmonie unvollendet geblieben wäre. Das stand in der Vergangenheit zur Debatte, das wissen wir alle noch. Aber heute mag sich das keiner vorstellen, weil jeder weiß, welche Anziehungskraft das Gebäude hat und wie viele Touristen allein für einen Besuch in der Elbphilharmonie nach Hamburg kommen. Herausragende Gebäude sind wichtig für eine Stadt.

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WELT AM SONNTAG: Bekannt sind Sie vor allem für Ihre auffälligen Bauten, wie die Tanzenden Türme oder die Kranhäuser in Köln. Sie machen aber auch Entwürfe für den Wohnungsbau. Woran hakt es da?

Teherani: Deutschland will immer Meisterschüler sein. Das aber führt dazu, dass es manchmal übertrieben wird. Ein Beispiel sind die ökologischen Auflagen beim Wohnungsbau. Die Anforderungen erhöhen die Baukosten heute um über 30 Prozent. Nicht, dass ich missverstanden werde: Wir müssen nachhaltig und umweltverträglich bauen. Das war schon immer mein Ansatz – auch als kaum jemand anderes so baute. Aber wir sollten uns auf die Punkte fokussieren, die nachweislich zum Ziel führen. Standards, die wenig bis nichts bringen, aber teuer sind, müssen abgesenkt werden. Außerdem dauern Genehmigungsverfahren zu lange. Es kann nicht sein, dass man bis zu drei Jahre auf eine Genehmigung warten muss. Man muss Investoren stärker motivieren, dass sie Wohnungsbau machen. Wir brauchen diesen in der Stadt. Bis 2030 soll die Einwohnerzahl auf mehr als zwei Millionen steigen. Wo sollen die zusätzlichen Menschen sonst wohnen?

WELT AM SONNTAG: Was könnte aus Ihrer Sicht eine zusätzliche Motivation sein?

Teherani: Es würde helfen, wenn die Grundstückskosten sinken würden. Außerdem glaube ich, dass in der Digitalisierung eine Chance liegt. Wir reichen heute noch immer Massen an Aktenordnern bei den Behörden ein. Bei einem großen Projekt kommt ein Lkw an Papier zusammen. Das muss digital gehen. In anderen Ländern läuft das viel besser. Und dort wird auch gebaut.

Hadi Teherani, Architekt und Designer, in seinem Büro im Lofthaus am Elbberg
Der Blick aus seinem Büro ist fantastisch, das findet auch der Architekt selbstQuelle: Bertold Fabricius


WELT AM SONNTAG: Kommen wir zum Anfang des Gesprächs zurück. Sie sind am Freitag 70 Jahre alt geworden. Wann wusste der junge Hadi Teherani, dass er Architekt wird?

Teherani: Das hat gedauert. Ich bin mit sechs Jahren mit meinen Eltern aus dem Iran nach Deutschland gekommen. Ich konnte die Sprache nicht und hatte lange keine Lernerfolge. Das Abitur schaffte ich, aber danach wollte ich nicht weiter wie in der Schule lernen. Ich habe dann – wie viele Perser – einen Handel eröffnet. Eines Tages saß ich im Geschäft und dachte, dass ich das nicht mein Leben lang machen kann. Ich beschloss doch noch zu studieren und beim Blick in mein Zeugnis sah ich die einzig wirklich gute Note: eine Eins in Kunst. Schon als kleiner Junge konnte ich Porträts malen, die aussahen wie Fotos. So beschloss ich, etwas Künstlerisches zu machen.

WELT AM SONNTAG: Sie wollten Kunst studieren?

Teherani: Ich bewarb mich an der Werbe-Grafik-Schule. Gleichzeitig hörte ich, dass meine Cousine in Teheran Architektur studierte und bewarb mich auch für ein Studium. Ich bekam von beiden Stellen eine Zusage und warf einen Groschen. So studierte ich dann Architektur in Braunschweig.

WELT AM SONNTAG: Gleich Ihr erstes Gebäude, das frühere Autohaus Car & Driver, ist mit Preisen ausgezeichnet worden. Schmerzt es Sie, dass es heute einen Elektromarkt beheimatet und man vom ehemaligen Eindruck des Hauses nichts mehr sieht?

Teherani: Ich habe gelernt, dass man sich nur über Dinge aufregen sollte, die man verändern kann. Ich konnte dem Eigentümer nicht vorschreiben, dass er nicht verkauft und dem Käufer konnte ich nicht vorschreiben, was er aus dem Gebäude macht. Aber schade ist es, denn das Haus war in aller Hinsicht ein ganz besonderes Gebäude, auch für meine Entwicklung. Es war damals die erste punktgehaltene Glaskonstruktion in Deutschland. Ein Hightechgebäude, das auch von vielen als solches anerkannt wurde. Es hieß damals, in Hamburg könnte ich mit meinem modernen Stil keinen Erfolg haben. Es hieß, die Hamburger liebten es konservativ und wollten nicht mehr als Backstein und Türmchen an den Seiten.

WELT AM SONNTAG: Sie hatten dann aber Erfolg ...

Teherani: Meine Erfahrung war schon nach diesem ersten Projekt eine ganz andere. Es hieß: Endlich macht mal einer etwas Frisches und Offenes. Und ja: Danach ging es gut für mich weiter.

Hadi Teherani wurde am 2. Februar 1954 in Teheran geboren und wuchs in Hamburg auf. Nach einem Architekturstudium in Braunschweig war er Mitarbeiter an Volkwin Margs Lehrstuhl an der RWTH Aachen. 1991 gründete er in Hamburg mit Jens Bothe und Kai Richter das Büro BRT Architekten. Inzwischen führt er ein Büro allein. Seit 1999 ist er Mitglied der Freien Akademie der Künste in Hamburg. Zu den bedeutendsten Gebäuden Teheranis in Hamburg zählen die Tanzenden Türme, das Dockland oder die Bahnhöfe der U-Bahnlinie 5. International realisierte er unter anderem Projekte in Abu Dhabi, Dubai, London, Moskau, Mumbai, Rom, Teheran und Tokio. Ende 2020 wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet.


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