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Habecks Ministerium muss Interna zum Atomausstieg offenlegen

Wirtschaftsredakteur
Wirtschaftsminister Robert Habeck – Sein Ministerium verlor vor Gericht gegen das Magazin „Cicero“ Wirtschaftsminister Robert Habeck – Sein Ministerium verlor vor Gericht gegen das Magazin „Cicero“
Wirtschaftsminister Robert Habeck – Sein Ministerium verlor vor Gericht gegen das Magazin „Cicero“
Quelle: picture alliance / Flashpic
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Mitten in der Energiekrise hat die Regierung die letzten Atomkraftwerke stillgelegt. Die internen Verhandlungen dazu wollte das Wirtschaftsministerium unter Verschluss halten. Doch nach einer Klage des Magazins „Cicero“ gelangt der brisante Schriftverkehr jetzt an die Öffentlichkeit.

Mit einem neuen Urteil des Verwaltungsgerichts in Berlin muss das Bundeswirtschaftsministerium Dokumente zum Atomausstieg der Öffentlichkeit zugänglich machen. Das entschieden die Richter am Mittwoch. Vorausgegangen war dem Urteilsspruch ein Prozess zwischen dem Magazin „Cicero“ und dem Ministerium unter Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Das Magazin hatte 2022 Jahr bereits Einsicht in 166 Dokumente des Umweltministeriums zum Thema erhalten, das Wirtschaftsministerium verweigerte die Einsicht jedoch. Auch WELT AM SONNTAG war an der Recherche beteiligt.

„Wir haben ein Gasproblem, kein Stromproblem“, hatte die Bundesregierung nach dem Stopp russischer Energielieferungen im Jahre 2022 unverdrossen behauptet und damit am deutschen Atomausstieg festgehalten. Nach einer nur kurzen Laufzeitverlängerung wurden die letzten drei Kernkraftwerke dann am 15. April 2023 abgeschaltet.

Heute hat Deutschland in der Konsequenz zwar genügend Gas, gleichwohl aber ein enormes Energiekostenproblem. Die Industrie investiert kaum noch, Unternehmen ziehen ins Ausland. Das hat auch mit dem Atomausstieg mitten in einer Energiekrise zu tun.

Für Fachleute ist klar: Indem die Kernkraftwerke aus der Einsatzreihenfolge der Strombörse gestrichen wurden, verkürzte sich diese sogenannte Merit-Order-Kurve zwangsläufig. Folge: Teure Gaskraftwerke rutschen auf der Liste nach vorn, müssen früher angeworfen werden, als vormals. Seitdem zahlen die Deutschen noch mehr für Elektrizität als ohnehin schon.

Man wüsste gern, was die Bundesregierung dazu bewogen hat, der Atomkraft trotz der absehbaren Nachteile mitten in einer Krise den Todesstoß zu versetzen. Das Debatten-Magazin „Cicero“ verlangte vom federführenden Bundeswirtschaftsministerium im vergangenen Jahr Auskunft. Das vom Grünen-Politiker Robert Habeck geführte Haus sollte den internen Entscheidungsprozess in der volkswirtschaftlich wichtigen Frage des Atomausstiegs transparent machen.

Das Umweltinformationsgesetz gab dem klageführenden „Cicero“-Journalisten Daniel Gräber dafür auch die Rechtsgrundlage an die Hand: Insbesondere in Umweltfragen ist die Exekutive als ausführendes Organ der Öffentlichkeit gegenüber auskunftspflichtig. Denn in unserer Rechtsordnung ist das Volk schließlich der Souverän, die Minister und Verwaltungsbeamten sind nur angestellt.

Ministerium sprach von „geschützten Räumen“

Doch mehr als anderthalb Jahre wies das Ministerium den Antrag auf Akten-Einsicht ab. In zwei mündlichen Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht Berlin argumentierten Habecks Juristen, die Bundesregierung brauche „geschützte Räume“ für einen vertraulichen, internen Abstimmungsprozess unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Doch damit kamen sie nicht durch.

Am 14. Februar entschied das Verwaltungsgericht Berlin, dass das Wirtschaftsministerium fast den ganzen internen Schriftverkehr zur Atomfrage an „Cicero“ herausgeben muss. Der Auffassung des Ministeriums, die Möglichkeit von vertraulichen internen Beratungen sei höher zu gewichten als das Interesse der Öffentlichkeit an Transparenz, folgte der Richter nicht. Schließlich, heißt es in der Begründung (Aktenzeichen VG 2 K 51/23) bezögen sich die von Gräber angeforderten Unterlagen ja „auf einen abgeschlossenen Beratungsprozess“.

Zwar machten die Habeck-Juristen geltend, dass die Atomdebatte innerhalb und außerhalb Deutschlands bisher nicht abgeschlossen sei – und die Bundesregierung deshalb auch nach dem vollzogenen Atomausstieg das Recht auf vertrauliche Beratungen zu Kernenergie haben müsse. Laut Wirtschaftsministerium würde eine Offenlegung der internen Schriftwechsel aber auch „den Willensbildungs- und Entscheidungsprozess im Rahmen künftiger Beratungen innerhalb der Bundesregierung beeinträchtigen und hätte zur Folge, dass künftig ein unbefangener Meinungsaustausch nicht mehr möglich wäre.“

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Den Richter mochte das nicht überzeugen. Denn das Argument würde in dieser Pauschalität ja bedeuten, dass niemand in der Bundesregierung mehr verpflichtet werden könnte, irgendwelche Interna der Öffentlichkeit Zugänglich zu machen. Das Argument der Habeck-Juristen „genügt den Anforderungen an eine tatsachenbasierte Prognose nicht und läuft auf eine Bereichsausnahme für sämtliche innerhalb der Bundesregierung ausgetauschten Informationen hinaus.“

Nach dem Richterspruch müssen demnächst mehr als 100 neue Dokumente zum Ende der Atomkraft in Deutschland an den „Cicero“ ausgehändigt werden. Damit dürften der Beratungsprozess, der zum Atom-Aus geführt hatte, endlich transparent werden. Journalisten wird es künftig also möglich sein, die Energiepolitik der Bundesregierung weiter aufzuarbeiten. Die Dokumente dürften weitere Erkenntnisse darüber liefern, ob die Entscheidungen auch aus ideologischen und parteipolitischen Gründen getroffen wurden. Und ob Risiken und Folgen zu gering geschätzt wurden. Eine Annahme, der die Bundesregierung widerspricht – abseits des Gerichtssaals. Das Ministerium kann innerhalb eines Monats Berufung gegen das Urteil einlegen.

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