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Wirtschaft Parallelwelt im Großverein

Selbst Millionen von Mitgliedern erstaunlich unbekannt – das Phänomen ADAC

Freier Wirtschaftsredakteur
Quelle: picture alliance/dpa-Zentralbild/Monika Skolimowska
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Deutschlands größter Verein könnte dieses Jahr auf 22 Millionen Mitglieder anwachsen. Doch die Regional-Versammlungen sind wenig besucht, kaum Mitglieder scheinen um die Milliarden-Umsätze und die komplexen Strukturen zu wissen. Ein Besuch bei einer ADAC-Versammlung in München.

Es sind sehr wenige. Genau gesagt 0,002 Prozent. So minimal war diesmal der Anteil der angemeldeten 51 Autofahrer des ADAC Südbayern an den insgesamt 2,144 Millionen Mitgliedern, die sich am Samstag zur jährlichen Versammlung in München getroffen haben.

Gemessen an der Mitgliederzahl ist der Südbayern-Verein die Nummer drei von insgesamt 18 Regionalorganisationen von Deutschlands größtem Verein. Und der wächst Jahr für Jahr. Ende 2024 könnte die Zahl auf über 22 Millionen steigen.

Allein im vergangenen Jahr kamen per saldo rund 380.000 neue Mitglieder hinzu, auf nunmehr 21,81 Millionen. Das Wachstumstempo hat sich damit sogar beschleunigt.

Vor allem die relativ neue Premiummitgliedschaft mit einem weitgehenden Rundumschutz auf Reisen bis hin zum Schlüsselnotdienst sorgte für den Schub. Der Großverein ist damit nach dem US-amerikanischen Automobilclub AAA mit gewaltigen 60 Millionen Mitgliedern weltweit die Nummer zwei.

Nur wenige der Beitragszahler haben aber eine Ahnung vom komplexen Kosmos des Allgemeinen Deutschen Automobil-Club e.V. mit Millionen Mitgliedern, Milliarden-Umsätzen und -Vermögen sowie vielen ehrenamtlich Tätigen neben Profi-Managern. Offensichtlich interessiert es auch nicht. Die Masse der Mitglieder will wohl nur, dass der Verein für sie mit Rat, Tat und Hilfe bereitsteht, wenn sie eine Auto-Panne haben, eine Reise buchen oder eine möglichst günstige Versicherung abschließen wollen.

Die Besonderheiten der ADAC-Welt wird an wenigen Details deutlich: Theoretisch könnten die Millionen Mitglieder der Alltags-Autofahrer zu den Versammlungen der Regionalvereine unter dem Dach des Zentralvereins mit Sitz in München strömen. Selbst die größten Festhallen würden dann nicht ausreichen.

Aber es kommen nur wenige, wie sich immer wieder zeigt. Die Einladungen stehen eher versteckt in der Publikation ADAC Motorwelt, die seit Frühjahr 2020 nicht mehr nach Hause geschickt, sondern bei Edeka oder Netto ausliegt. Auch im Internet werden sie veröffentlicht. Einen Einladungsbrief gibt es nicht.

Die Mitgliederversammlungen prägen daher nicht die gewöhnlichen Autofahrer-Einzelmitglieder, sondern ehrenamtliche Vertreter regionaler Ortsclubs. Im Südbayern-Verein waren es 148 Ortsclubs, die ihre Vertreter entsandten.

Hier spiegelt sich der föderale Aufbau des ADAC mit seinem Delegiertenprinzip wider. Pro 100.000 Mitglieder schicken die 18 Regionalverbände einen Delegierten zur ADAC-Hauptversammlung, die im Mai in Bremen stattfindet.

Themen sind Motorräder, Go-Karts und Rallyes

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Wer glaubt, dass bei den Mitgliederversammlungen Themen der Alltags-Autofahrer breit diskutiert werden, irrt sich gewaltig. So hat der Vorsitzende vom ADAC Südbayern, Gerd Ennser, am Samstag in seiner Rede kein einziges Mal das Wort „Tempolimit“ erwähnt, heißt es aus Teilnehmerkreisen.

Offiziell eine geschlossene Veranstaltung ohne Pressezugang. Auch die Pannenhilfe und Gelbe Engel standen nicht im Fokus – hierfür ist die ADAC-Zentrale zuständig. Das wissen jedoch nur Insider der ADAC-Strukturen. Breiten Raum nahm hingegen das Thema Motorsport ein, vom Go-Kart, über Motorräder bis zur Rallye.

Zumindest adressierte der ADAC-Südbayern-Chef in seiner Rede die Themen Staus, Verkehrsblockaden und dass auf die Bahn oder den öffentlichen Nahverkehr kaum mehr Verlass ist. Das Auto sei die Basis des Verkehrs.

So werden die Mitgliederversammlungen, die eigentlich die ADAC-Basis repräsentieren, von meist altgedienten Motorsport-Enthusiasten bestimmt, bei denen die Sorgen und Nöte von Alltags-Autofahren nicht direkt im Fokus stehen.

Laut Pressemitteilung erklärte ADAC-Südbayern-Chef Ennser, dass sich der ADAC in einem konstanten Wandel befindet, ohne die „Kernkompetenzen wie die Pannenhilfe aus dem Auge zu verlieren“. Es gebe neue Leistungen wie die Fahrrad-Pannenhilfe, den Schlüsselnotdienst, Medizinhilfe-Apps und vieles mehr.

So wurden in Südbayern 2023 rund 1500 Fahrradpannen behoben – und 283.500 Auto-Pannen. Breiter diskutiert wurden diese Themen auf der Mitgliederversammlung aber nicht, heißt es aus Teilnehmerkreisen.

Es gab keine einzige Wortmeldung aus dem Teilnehmerkreis. Im politischen Teil seiner Rede kritisierte Ennser, wenn Entscheidungen „über die Mobilität der Zukunft zu sehr von Minderheiten diktiert werden“.

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Zu den wenig transparenten Themen des ADAC gehört sein Vermögen. So wurde auf der Mitgliederversammlung Südbayern erneut nur eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung, aber keine Bilanz präsentiert. Der Dachverein ADAC e.V. hatte für 2022 allein über ein Finanzvermögen von 2,5 Milliarden Euro berichtet.

Nur wenige der Millionen Mitglieder wissen, dass es neben dem Kern-ADAC e.V. seit 2016 den vom Verein abgespalteten ADAC-Wirtschaftskonzern (ADAC SE) gibt, mit 1,11 Milliarden Euro Umsatz (2022), der zum größten Teil mit Versicherungen erzielt wird. Ein sogenanntes Drei-Säulen-Modell (Verein, Wirtschafts-Konzern, Stiftung) wurde nach einem Skandal vor zehn Jahren mit gefälschten Abstimmungen für einen ADAC-Autopreis und der Verquickung von Interessen beschlossen.

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Damit konnte der Verein Steuervorteile behalten. Er ist mit knapp 58 Prozent am ADAC-Wirtschaftskonzern beteiligt. Es gibt eine komplexe Verrechnung, wie die Beitragszahlungen und Versicherungsbeträge der Millionen Mitglieder zwischen der Zentrale, den Regionalclubs und dem Wirtschafts-Konzern zugeordnet werden. Hierfür interessieren sich nach wie vor die Steuerbehörden.

Brisante Details aus der ADAC-Welt diskutiert die ADAC-Führung jedoch nur mit den gewählten Delegierten aus den Regionalvereinen – aber Alltags-Autofahrer meiden diese Basis-Veranstaltungen.

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