Der Ukraine-Krieg und das Bundeswehr-Sonderbudget bescheren den zwei führenden Ausrüstern für Landstreitkräfte in Kontinentaleuropa ein beispielloses Wachstum. Der deutsch-französische Rüstungsriese KNDS, der aus dem deutschen Panzerbauer Krauss-Maffei Wegmann und dem französischen Pendant Nexter geformt wurde, hat dazu nun Eckzahlen vorgelegt. Der Konzern verbindet die Bekanntgabe mit einer indirekten Triumphbotschaft über Rheinmetall.
Bei KNDS stieg der Auftragseingang 2023 um gewaltige 130 Prozent oder 7,8 Milliarden Euro auf 15,7 Milliarden Euro. Nach Angaben des Konzerns ist dies der stärkste Auftragszuwachs der 15 größten europäischen Rüstungsunternehmen. KNDS sieht sich an der Spitze. Tatsächlich verbuchte Rheinmetall mit einem Auftragsplus von 44 Prozent ein niedrigeres Wachstumstempo – allerdings auf einem viel höheren Niveau. Der Düsseldorfer Konzern hat inzwischen einen Auftragsbestand von fast 40 Milliarden Euro.
Während Rheinmetall inzwischen im Leitindex Dax an der Börse notiert ist und somit quartalsweise seine Zahlen und einen Geschäftsbericht vorlegen muss, publiziert KNDS eher selten – und macht dann nur wenige Angaben. Mit Verspätung stehen im Bundesanzeiger mehr Details.
Die Zurückhaltung bei den Zahlen hat einen Grund: Der 2015 als Gemeinschaftsunternehmen geformte deutsch-französische Rüstungskonzern mit juristischem Sitz in Amsterdam hat eine besondere Eigentümerstruktur. Es ist ein Zusammenschluss aus dem staatlichen französischen Nexter-Konzern sowie dem von Privatfamilien gehaltenen Leopard-Panzerhersteller Krauss-Maffei Wegmann (KMW) in München, der jetzt ebenfalls als KNDS firmiert.
An der Konzernspitze steht Ex-KMW-Chef Frank Haun (65), der als Initiator einer europäischen Rüstungskonsolidierung gilt. So sorgte die Ende vergangenen Jahres gemachte Ankündigung einer engen Kooperation zwischen KNDS und dem italienischen Rüstungskonzern Leonardo für Aufsehen.
Umsatz von KNDS stieg um 2,5 Prozent
Die Konzerne KNDS und Rheinmetall sind sowohl Kooperationspartner als auch erbitterte Konkurrenten. Rheinmetall liefert beispielsweise die Kanone für den Leopard-Panzer, aber KNDS ist der Generalauftragnehmer. Rheinmetall entwickelt derzeit für Ungarn das Leopard-Konkurrenzmodell Panther, was wiederum KNDS massiv ärgert. KNDS und Rheinmetall sind auch beim Schützenpanzer Puma vereint, aber Rheinmetall hat zudem das eigene Konkurrenzmodell Lynx entwickelt. Zudem beansprucht Rheinmetall ein Mitspracherecht beim europäischen Zukunftspanzerprojekt MGCS (Main Grund Combat System), das etwa 2040 einsatzbereit sein soll.
Zu den wenigen Angaben, die KNDS vorlegte, gehört auch der Umsatz. Er stieg 2023 jedoch um lediglich 2,5 Prozent auf 3,3 Milliarden Euro. Damit hat sich das Wachstumstempo sogar abgeschwächt. Für 2022 wurde noch über ein Umsatzplus von 19 Prozent berichtet. Dies zeigt, dass selbst ein mehr als verdoppelter Auftragseingang sich zumindest bei KNDS nicht sofort in einem rasanten Umsatzanstieg niederschlägt.
Der Bau eines großen Kampfpanzers etwa dauert vom Auftragseingang bis zur Auslieferung rund zwei Jahre. Auch beim Umsatz rangiert Rheinmetall vor KNDS. Beim Düsseldorfer Konzern stiegen die Erlöse 2023 um zwölf Prozent auf 7,2 Milliarden Euro. Der Umsatzabstand zwischen KNDS und Rheinmetall ist im vergangenen Jahr also größer geworden. Während bei KNDS die Anzahl der Beschäftigten 2023 um 500 auf rund 9500 kletterte, erhöhte sich die Anzahl bei Rheinmetall um 2000 auf 23.100.
Den starken Anstieg beim Auftragseingang erklärt KNDS mit Bestellungen für die moderne Variante des Kampfpanzers Leopard 2A8, Schützenpanzer-Zusatzaufträgen, Bestellungen für das französische Artilleriesystem Caesar sowie Munition aller Art. Wie sich der stark gestiegene Auftragsbestand zwischen Deutschland und Frankreich aufschlüsselt, ist unklar.
2022 waren bei damals insgesamt elf Milliarden Euro Auftragsbestand fünf Milliarden Euro Nexter zuzurechnen und sechs Milliarden Krauss-Maffei Wegmann. Vermutlich ist das deutsche Übergewicht im vergangenen Jahr weiter gestiegen. Der deutsch-französische Konzern macht derzeit auch keine Angaben zur Ertragsentwicklung. 2022 lag der Konzerngewinn laut Bundesanzeiger bei 291 Millionen Euro.