Ein Smartphone, das sich zweimal falten lässt? Schon im Vorfeld des Mobile World Congress (MWC), der weltgrößten Mobilfunkmesse in Barcelona, hatten sich die Spekulationen überschlagen. Wem gelingt es zuerst, ein Smartphone zu präsentieren, das sich zweimal falten lässt.
Zum Start des MWCs an diesem Montag steht fest: Noch traut sich niemand in dieses ungewöhnliche Design. Dabei scheint es technisch möglich. Samsung hatte ein solches Konzept bereits vor zwei Jahren auf der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas gezeigt und sogar einen Namen erdacht: Flex G. Dabei wird es so gefaltet, wie der Buchstabe G es andeutet.
Noch hat ein solches Gerät mit „Doppelknick“ nicht die Labore verlassen. Doch auch abgesehen von dieser Form haben die Foldables, wie die faltbaren Smartphones genannt werden, große technische Sprünge gemacht. Pionier Samsung hatte sein Galaxy Fold 2019 auf den Markt gebracht.
Ein gewagtes Unterfangen, sah es doch aus wie zwei Smartphones, die zusammengeklappt nicht einmal richtig aufeinanderlagen, sondern eine störende Keilform einnahmen. Schwer, groß und unförmig. Inzwischen ist es den Südkoreanern mit der fünften Gerätegeneration gelungen, den Keil verschwinden zu lassen. Doch wuchtig ist das Gerät immer noch.
Dass es anders geht, hat zuletzt der chinesische Hersteller Honor gezeigt. Mit dem Honor Magic V2 hat er ein faltbares Smartphone vorgelegt, das zusammengeklappt nicht dicker ist als ein normales Smartphone. Außen hat es ein vollwertiges Display mit einer Größe von 6,4 Zoll (ca. 16,3 Zentimeter). Aufgeklappt entfaltet sich das Gerät in ein Tablet mit einem Display von 7,9 Zoll (ca. 20,1 Zentimeter). Selbst zusammengeklappt ist das Gerät gerade einmal 9,9 Millimeter dick. Das wohl dünnste Falt-Smartphone der Welt.
Fünf Jahre nach dem ersten Galaxy Fold ist Samsung längst kein Pionier mehr. Mit Xiaomi, Oppo, Honor, Huawei, Google, Motorola und – pünktlich zum Start des MWC – auch Nubia haben inzwischen alle namhaften Hersteller Faltmodelle im Programm. Nur Apple hält sich – wie üblich – erst einmal zurück.
Nach einem Bericht der Nachrichtenplattform „The Information“ experimentiert Apple jedoch intern längst mit den Foldables und hat bereits zwei faltbare iPhone-Prototypen gebaut. Spekulationen über ein faltbares iPad gab es in der Vergangenheit immer wieder, nicht zuletzt, weil Patentanmeldungen von Apple darauf hindeuten.
„2023 war das Jahr der Explosion von faltbaren Telefonen mit der Einführung von 18 faltbaren Geräten“, heißt es beim Marktforscher Omdia. Davon seien 16 Foldables von chinesischen Smartphone-Herstellern produziert worden.
Inzwischen haben sich bei den faltbaren Smartphones zwei Formen durchgesetzt: Als Handy-Tablet-Hybrid kann das Gerät sowohl als Smartphone, als auch als Tablet verwendet werden. Aufgeklappt wird es wie ein Buch. Im Klapphandy-Stil hingegen haben die Geräte aufgeklappt die Größe eines normalen Smartphones. Sie lassen sich aber horizontal in der Mitte falten und sind zugeklappt nur noch halb so groß.
Smartphones werden immer länger genutzt, bevor sie ersetzt werden
Die Hersteller setzen große Hoffnungen auf die Geräte. Tatsächlich steigen die Stückzahlen der Foldables, während der Markt der Smartphones seit drei Jahren schrumpft. Im vergangenen Jahr wurden weltweit so wenige Smartphones verkauft wie seit zehn Jahren nicht mehr. Innovationssprünge sind schon länger ausgeblieben.
Für Käufer sind die Kameras das wichtigste Kaufargument. Doch mit ihrer Qualität sind sie bereits seit Jahren zufrieden. Die Folge: Smartphones werden immer länger genutzt, bevor sie ersetzt werden.
Daran können Foldables nur bedingt etwas ändern. Nach den Berechnungen von Counterpoint Research wurden im vergangenen Jahr etwa 16 Millionen faltbare Smartphones verkauft, damit überspringt ihr Marktanteil gerade einmal ein Prozent.
Doch die Erwartungen der Marktforscher sind groß: Bereits 2027 sollen die Foldables ein Drittel aller Smartphones ausmachen, die mehr als 600 US-Dollar kosten. Kommt es dazu, würden bereits in drei Jahren 100 Millionen Stück verkauft.
Dafür müssten die Geräte wohl deutlich günstiger werden. Die vor fünf Jahren geäußerte Hoffnung, dass die Preise schnell fallen werden, hat sich nicht erfüllt. „Die Preise sind immer noch zu hoch, um von der breiten Masse angenommen zu werden“, sagt Ranjit Atwal, Analyst beim Marktforscher Gartner. So schnell werde sich das nicht ändern. Gartner rechnet auch im Jahr 2027 noch mit einem Durchschnittspreis von etwa 750 Euro.
Die Spanne ist jedoch groß. Das neue Honor Magic V2 kostet 2000 Euro, im Porsche-Design sogar 2700 Euro. Das Klapphandy Razr von Motorola gibt es schon für weniger als 700 Euro. Doch teuer sind die Geräte nach wie vor. In anderen Märkten fallen aber die Preise. So bietet der chinesische Hersteller ZTE sein Libero Flip im Klapphandy-Stil in Japan für umgerechnet etwa 390 Euro an.
In Deutschland startet das Gerät im Mai unter dem Namen Nubia Flip. „Mit unserem ersten Foldable unterstreichen wir unsere Innovationskraft“, sagt ZTE-Deutschlandchef Li Wei. Der Preis für das Nubia Flip ist noch nicht öffentlich.
Zudem kämpfen Hersteller noch immer gegen die Ängste der Nutzer vor Beschädigungen. Zwar übertrumpfen sich die Unternehmen mit der Zahl der Faltzyklen, die ohne Schäden möglich sein sollen. Inzwischen ist man bei 500.000 angekommen. Doch während normale Smartphones üblicherweise wasserdicht sind, ist das – mit Ausnahme von Samsung und Google – bei Foldables noch kein Standard. Auch der Knick in der Mitte der Displays ist bei allen Geräten sicht- und spürbar.
„Entwickler müssen Apps entwickeln, die für den größeren Formfaktor des Bildschirms geeignet sind“
Ob ein Triple-Foldable mit einer zusätzlichen Falte hier eine Besserung bringt, ist fragwürdig. Neben Samsung soll auch Huawei Berichten zufolge an einem solchen Gerät mit einem Doppelknick arbeiten. Hinweise darauf gab es bereits 2021, als entsprechende Patentanmeldungen öffentlich wurden.
TCL hatte schon vor vier Jahren einen Prototyp gezeigt, der sich doppelt falten ließ. Aus einem 6,6 Zoll großen Smartphone wurde so ein Tablet mit zehn Zoll. Der Wettlauf um das erste Triple-Foldable-Smartphone ist also in vollem Gange.
Doch der Aufwand ist offenbar groß. „Der Designzyklus für faltbare Geräte ist immer noch zu lang und die Herausforderungen mit dem Scharnierdesign, um verschiedene Formfaktoren zu schaffen, sind immer noch kostspielig“, sagt Gartner-Analyst Atwal. Zudem bräuchten Interessenten mehr Gründe, um zuzugreifen. „Entwickler müssen Apps entwickeln, die für den größeren Formfaktor des Bildschirms geeignet sind.“