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Das neue Wunderkind der Rüstungsindustrie

Korrespondent für Innovation, Netzwelt und IT
Prototyp der vom Start-up Anduril und australischen Firmen entwickelten Unterwasser-Drohne „Ghost-Shark“ Prototyp der vom Start-up Anduril und australischen Firmen entwickelten Unterwasser-Drohne „Ghost-Shark“
Prototyp der vom Start-up Anduril und australischen Firmen entwickelten Unterwasser-Drohne „Ghost-Shark“
Quelle: Anduril
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Der Rüstungshersteller Anduril präsentiert seinen neuesten Triumph – eine riesige Unterwasser-Drohne. Mittlerweile verfügt die US-Firma über eine Palette innovativer Systeme. Das Potenzial für die moderne Kriegsführung ist gigantisch. Denn Anduril bricht mit den Regeln der Branche.

Worum geht es

Tauchtiefe 6000 Meter, Reichweite unter Wasser über 500 Kilometer, Möglichkeit zum autonomen Einsatz tödlicher Waffen: Die Royal Australian Navy hat ein „Seemonster“ bestellt und den „Ghost Shark“ bekommen. Seit 2022 entwickelt das US-Rüstungs-Start-up Anduril zusammen mit australischen Forschern und über 40 australischen Firmen das autonome U-Boot.

Mitte April stellte Anduril in Australien den ersten gut zwölf Meter langen Prototypen vor. Der „Ghost Shark“ soll künftig autonome Missionen im Pazifik übernehmen. Er kann laut dem australischen Verteidigungsminister Richard Marles gegnerische Schiffe ausspähen und angreifen, Infrastruktur unter Wasser wie etwa Seekabel bewachen und unerkannt Aufklärungsdaten aus Küstengebieten liefern.

Die Entwicklung der ersten Riesen-Unterwasser-Drohne ist der neueste Triumph von Anduril. Die Firma wurde erst 2017 in Kalifornien gegründet und gilt schon jetzt als Wunderkind der US-Rüstungsindustrie. Sie bricht mit vielen Regeln der Verteidigungsbranche und reitet voll auf der aktuellen Drohnen-Welle.

Andurils Gründer ist der Start-up-Gründer und Gaming-Unternehmer Palmer Luckey. Er ist gerade einmal 31 Jahre alt und wurde 2014 mit Computerspiel-Hardware reich. Seinen Anteil am Startkapital für Anduril erwarb er vor zehn Jahren mit dem milliardenschweren Verkauf seines Virtual-Reality-Start-ups Oculus an Facebook.

Als er 2017 Anduril gründete, wurde er unter anderem von Peter Thiel, Gründer des Start-ups Palantir, ermutigt und von dessen Start-up-Fond finanziert. Viele Risikokapitalgeber hatten Luckey zuvor nicht ernst genommen oder waren vor der Rüstungs-Idee zurückgeschreckt, die damals so gar nicht zur liberalen Start-up-Kultur des Silicon Valley passte.

Thiel und Luckey unterscheiden sich deutlich vom typischen Silicon-Valley-Manager: Beide setzen auf die US-Regierungsbehörden als Kunden, beide unterstützen die republikanische Partei, beide haben keine Berührungsängste mit dem Militär.

Anduril kombiniert bestehende Hardware mit innovativer Software

Der ultrakonservative Luckey hatte sich im Wahlkampf 2016 finanziell für Donald Trump eingesetzt und war darüber bei vielen seiner damaligen Facebook-Kollegen angeeckt. Anduril gründete er ursprünglich, um ein System für die Überwachung der US-Landgrenze zu Mexiko gegen illegale Einwanderung zu vermarkten.

Inzwischen dürften sich viele Investoren ärgern, Luckey nicht ernst genommen zu haben, denn bereits bei Oculus hatte er eines bewiesen: Luckey beherrscht wie wenig andere die Kunst, bestehende Hardware-Technologie mit Software zu etwas völlig Neuem zu verknüpfen.

Oculus- und Anduril-Gründer Palmer Luckey
Oculus- und Anduril-Gründer Palmer Luckey
Quelle: picture alliance/ZUMAPRESS.com/Pedro Fiuza

„Lattice“, zu Deutsch Gitter, heißt die Software, die Luckey für den Grenzeinsatz entwickelte. Sie ist bis heute Grundlage für alle Produkte des Unternehmens.

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Die haben allesamt eines gemeinsam: Anduril kombiniert bereits verfügbare, relativ günstige Hardwareprodukte wie etwa kommerzielle Radar-, Infrarot- und Lasersensoren mit einer innovativen Software. Diese setzt auf künstliche Intelligenz, um Daten auszuwerten und Ziele zu erkennen.

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Das Ergebnis sind außergewöhnlich kurze Entwicklungszeiten, relativ niedrige Kosten und Produkte, die ohne große Kinderkrankheiten funktionieren sollen. Den Prototypen für den „Ghost Shark“ lieferte Anduril ein Jahr vor Plan ab und blieb dabei innerhalb des Budgets – unerhört für Hightech-Rüstungsprojekte, die bei der Konkurrenz oft notorisch zu teuer und zu spät sind.

Auch die US-Navy hat inzwischen entdeckt, welches Potenzial in der Anduril-Software stecken könnte: Bei einer Übung an der Pazifikküste im Süden Kaliforniens Anfang April steuerte die Lattice-Software zehn Drohnen unter und über Wasser gleichzeitig.

Betriebssystem für ein ganzes Schlachtfeld

Lattice ist inzwischen Andurils Betriebssystem für ein ganzes Schlachtfeld, in der Luft, an Land, unter und über Wasser. Die Software bindet Sensordaten von Drohnenschwärmen ein, wertet im Grenzeinsatz Kamera-Streams von Wachtürmen aus, kann Radar- und Sonardaten oder Infrarotbilder verarbeiten. Darin unterscheidet sie sich von Lösungen klassischer Hersteller, die diese Sensor-Fusion aktuell bisher nicht im gleichen Maße mitbringen.

Die Technologie funktioniert nicht nur im Meer oder an der Grenze: Angesichts der Dominanz von Quadrokopter-Drohnen im Ukraine-Krieg widmet sich Luckey inzwischen dem Thema des Drohnenkriegs über einer Front an Land, und will Lattice zum Finden und Zerstören gegnerischer Aufklärungs-Flieger einsetzen.

Natürlich gibt es bereits passende Luftabwehrsysteme – doch die benötigen oft hunderttausende Dollar teure Raketen oder knappe Kanonen-Munition. Angesichts von Massenangriffen mit kommerziellen Billigfliegern, wie aktuell in der Ukraine von beiden Seiten betrieben, ist klassische Flugabwehr unökonomisch und wird schnell übersättigt, argumentiert Luckey. Also sucht er wieder eine eigene Lösung mit kommerziellen Bauteilen.

Dabei beweist er ganz nebenher, dass Anduril das Marketing der Social-Media-Generation begriffen hat: Wo andere Hersteller martialische Videos von Drohnen-Abschüssen online stellen, sponsert Luckey ein Video mit dem populären Tech-Bastler und YouTube-Star Mark Rober: Anfang der Woche stellte Rober auf YouTube ein Video online, in dem Luckey Rober und seine Freunde zum Bastel-Wettbewerb auffordert. Spielerisch erklärt Rober die Herausforderungen der Drohnen-Abwehr etwa über Großveranstaltungen, wo der Einsatz von Schusswaffen fast unmöglich ist.

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Anschließend demonstriert Luckey seine neueste Erfindung: „Anvil“, Amboss heißt ein Quadrokopter, der gegnerische Drohnen durch Rammstöße vom Himmel holt und dabei selbst unbeschädigt bleiben soll. So kann eine Drohne multiple Gefährte des Gegners zerstören und bleibt wiederverwendbar.

Mischung aus Flugabwehrrakete und Drohne

Parallel hat Anduril auch eine Art Mischgefährt zwischen Flugabwehrrakete und Drohne gebaut, die größere Drohnen wie die von Russland massenhaft eingesetzte Shahed 136 oder auch noch größere Aufklärungsflieger in mittleren Flughöhen vom Himmel holen kann. Die „Roadrunner“ getaufte Luftabwehrwaffe kann bereits starten, bevor das Ziel überhaupt sicher identifiziert wurde.

Sollte der Einsatz abgebrochen werden, landet die Drohne einfach wieder. „Roadrunner“ setzt wie „Anvil“ zum großen Teil auf kommerziell verfügbare Teile wie etwa Mini-Triebwerke und Kamera-Sensoren und soll im Einsatz um Faktor Zehn günstiger als klassische weitreichende Luftabwehrsysteme wie etwa Patriot sein.

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Ob Luckeys Start-up-Ansatz die trägen und bürokratischen Beschaffungsorganisationen der westlichen Militärs überzeugt oder eher überfordert, bleibt abzuwarten. Doch Andurils schnelles Innovationstempo und der unkonventionelle Ansatz, möglichst sparsam zu bauen, könnte insbesondere für Abnutzungskonflikte wie etwa den Ukraine-Krieg die Antwort sein, die westliche Rüstungskonzerne mit ihren High-End-Lösungen bislang nicht geben können.

Die Anduril-Technik, so gibt Luckey selbst an, ist bereits in der Ukraine im Einsatz. Wo und wie genau, ist geheim. Doch der Konflikt ist für Luckey und sein Unternehmen definitiv ein Glücksfall, denn inzwischen wird Anduril mit acht Milliarden Dollar bewertet.

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