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Hafenwirtschaft

Die HHLA baut ihr europäisches Netzwerk weiter aus

Autorenprofilbild von Olaf Preuß
Von Olaf PreußWirtschaftsreporter
Veröffentlicht am 21.03.2024Lesedauer: 5 Minuten
Containerumschlag auf dem HHLA-Terminal Altenwerder in Hamburg
Containerumschlag auf dem HHLA-Terminal Altenwerder in HamburgQuelle: dpa

Der Hamburger Hafenlogistik-Konzern verzeichnet für 2023 einen deutlichen Gewinnrückgang – und investiert weiter in die eigenen Anlagen und in Automatisierung. Der Terminal im ukrainischen Odessa läuft seit Kriegsbeginn durchgehend noch immer, derzeit beim Export von Getreide.

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Harte Zeiten für die HHLA: Der Hamburger Hafenlogistik-Konzern verzeichnet für das vergangene Jahr einen Rückgang des operativen Gewinns (Ebit) um rund 50 Prozent auf 109,4 Millionen Euro. Der Konzernjahresüberschuss – der Nettogewinn – sank auf 20 Millionen Euro von 92,7 Millionen Euro im Jahr 2022. Der Containerumschlag an den Kaikanten in Hamburg und an den drei kleineren europäischen Hafenstandorten der HHLA betrug rund 5,9 Millionen Containerheinheiten (TEU), 7,5 Prozent weniger als im Jahr zuvor.

Die HHLA steht derzeit von mehreren Seiten unter Druck. Die schwache Weltwirtschaft führte an allen großen europäischen Hafenstandorten zu Rückgängen beim Containerumschlag. An den drei Hamburger Containerterminals der HHLA mit insgesamt rund 5,7 Millionen Containereinheiten sei der Rückgang von 6,3 Prozent etwas geringer ausgefallen als in den Wettbwerbeshäfen, sagte die Vorstandsvorsitzende Angela Titzrath am Donnerstag in Hamburg bei der Präsentation der Jahreszahlen. In Hamburg sei der rückläufige Containerverkehr vor allem durch den schwachen Außenhandel mit China geprägt.

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„Die HHLA hat sich 2023 angesichts der extrem schwierigen Rahmenbedingungen für den Welthandel gut behauptet, gerade auch im Vergleich mit den wesentlichen Wettbewerbern“, sagte Titzrath. „Auch im laufenden Jahr müssen wir in einem unsicheren Marktumfeld agieren.“ Man rechne mit einem Anstieg des Containerumschlags in diesem Jahr und einem operativen Konzernergebnis zwischen 85 und 115 Millionen Euro für 2024.

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Parallel zu den aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen und Verwerfungen bereitet der rot-grüne Hamburger Senat den Einstieg der weltgrößten Reederei MSC mit bis zu 49,9 Prozent der Anteile bei der HHLA vor. Die Stadt Hamburg will dafür ihren bisherigen Mehrheitsanteil von rund 70 Prozent auf 50,1 Prozent reduzieren. Die Immobilien der HHLA sind nicht Teil des Geschäfts, das die Hamburgische Bürgerschaft mit der Mehrheit von SPD und Grünen voraussichtlich im Mai beschließen wird. Die politische Opposition in Hamburg und die Hafenarbeiter der HHLA sind gegen die Transaktion, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter befürchten einen Verlust von Arbeitsplätzen. „Wir sehen die Sorgen der Belegschaft und nehmen diese ernst“, sagte Titzrath. Vorstand und Aufsichtsrat der HHLA unterstützen den Plan des Senats. Titzrath hatte ihren Vertrag kürzlich um fünf Jahre bis 2029 verlängert.

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Die FDP-Bürgerschaftsabgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein kritisierte den geplanten Teilverkauf vor dem Hintergrund der aktuellen Jahreszahlen gestern erneut: „Der rot-grüne Senat hat beim Staatskonzern HHLA viele Jahre lang fragwürdige strategische Entscheidungen zugelassen, die Hafeninfrastruktur sträflich vernachlässigt und dem Preiskampf in der Nordrange keine Aufmerksamkeit geschenkt“, sagte sie. „Das rächt sich jetzt, nicht nur mit der schwachen Bilanz 2023. Es rächt sich auch mit mageren Aussichten für dieses Jahr und dem 49,9-prozentigen Notverkauf der HHLA an MSC.“

Für die HHLA gibt es, vor allem für ihr Geschäft im größten deutschen Seehafen Hamburg, etliche Einflussgrößen, die sie nicht beeinflussen kann – die Kostenstruktur der von der Hafenverwaltung HPA bestimmten Hafenkosten, die jeweilige Schiffbarkeit der Unterelbe, die vom Bund und der Stadt Hamburg stets von Schlick freigehalten werden muss, die Pläne und Strategie ihres politischen Haupteigners, der Stadt Hamburg, die Bildung marktmächtiger Allianzen in der Schifffahrt.

Deutschlands größte Reederei Hapag-Lloyd etwa könnte, in der mit der dänischen Reederei Maersk neue gebildeten Allianz „Gemini“, von 2025 an Ladung aus Hamburg abziehen – obgleich die Stadt Hamburg mit 14 Prozent an Hapag-Lloyd beteiligt ist und Hapag-Lloyd seinerseits mit 24,9 Prozent am HHLA-Containerterminal Altenwerder. Neue, zusätzliche Ladung hat hingegen der künftige Miteigner MSC für die HHLA-Terminals zugesagt. Mehr Containerumschlag erhofft sich der HHLA-Vorstand auch vom Einstieg der staatlichen chinesischen Reederei Cosco mit 24,9 Prozent der Anteile am Terminal Tollerort im vergangenen Jahr.

Intensiv setzt Titzrath auf die Faktoren, die das Management und die Belegschaft selbst steuern können. Die Automatisierung des größten Hamburger – und deutschen – Containerterminals Burchardkai schreite deutlich weiter voran, sagte sie. Auch bei neuen Technologien wie dem Gütertransport per Drohne ist die HHLA dabei. Das Tochterunternehmen HHLA Sky betreibt in Lüdenscheid seit Kurzem Deutschlands ersten kommerziellen Drohnen-Kurierdienst für Waren.

Zugleich baut die HHLA ihr europäisches Netzwerk weiter aus – nicht zuletzt, um die Abhängigkeit des Unternehmens vom Hamburger Hafen zu senken. Das europaweit tätige HHLA-Güterbahnunternehmen Metrans mit Sitz in Prag ist neuerdings auch in Serbien aktiv, in Ungarn baut Metrans zwei neue Bahn-Containerterminals. Der Hafenterminal in Triest wiederum soll auf der zugekauften Fläche eines abgerissenen Stahlwerks um einen Containerterminal deutlich erweitert werden. Man wolle „den modernsten Containerterminal an der Adria“ errichten, sagte Titzrath.

In ukrainischen Odessa betrieb die HHLA vor dem russischen Überfall im Februar 2022 den damals modernsten Hafen-Mehrzweckterminal der Ukraine. „Er ist intakt und in Betrieb“, sagte Titzrath vor dem Hintergrund regelmäßiger russischer Luftangriffe auf Odessa. Alle 500 Mitanrbeiterinnen und Mitarbeiter seien weiterhin dort angestellt. Etwa 150 der Männer würden in einem rollierenden System regelmäßig vom Wehrdienst freigestellt, um wieder auf dem Terminal zu arbeiten. Auf der Hafenanlage werde Getreide exportiert, sagte Titzrath, in die Gegenrichtung kämen Container ins Land. Zwischen den HHLA-Terminals in Odessa und in Triest bestehe eine Bahnverbindung, die Metrans aufrecht erhalte.

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Unter dem Einfluss des Krieges in der Ukraine und des weitgehend eingestellten Handels zwischen Europa und Russland stehen auch die HHLA-Terminals im estnischen Muuga nahe der Hauptstadt Tallinn. Dort ging vor allem der Containerverkehr stark zurück. Seit Kriegsbeginn investiert die HHLA dort dennoch weiter in die Modernisierung der Anlagen, etwa in ein System ferngesteuerter Terminal-Trucks gemeinsam mit dem Münchner Unternehmen Fernride. Das System will die HHLA künftig auch an anderen Hafenstandorten einsetzen.